Mein Jakobsweg 2006

04.07.2006 Burgos - San Anton

61. Tag

Bin bis 7:30 liegen geblieben um nicht mitten im Aufbruchsrun der Anderen mitzutappeln. Take Time Today!
Ich will ja heute in die Stadt Burgos, also besser ohne Rucksack. Konnte ihn in der Unterkunft stehen lassen.
Dann voller Vorfreude in die Stadt. Schön gemach mit weitem Blick durch die Straßen geschlendert, um die
Cathedrale von Burgos herumgeschlichen und mich einfach nur gefreut hier zu sein. In den Momenten ohne
Sack und Stock fühle ich mich immer als halber Pilger, ist schon fast ein unangenehmes Gefühl.
Es fehlt dann einfach was. Habe 2 nette Amis und 2 Deutsche kennengelernt.

Ließ mich dann erstmal zu einer frohlockenden Tasse Kaffee in einem Cafe neben der Cathedrale hinreißen.
Und wer kommt da des Weges: ja mein Spetzl Heiner Lörs, der Radlpilger den ich das erste mal in Santo Domingo
de la Calzada getroffen hatte. Er war ganz erstaunt mich hier zu treffen. Wir plauderten ne Weile und gingen
noch a Weng gemeinsam durch die Straßen der Stadt. A pfunds Kerl der Heiner!

Für 1,-€ Eintritt (Spezipreis für Pilger) schaute ich mir die Cathedrale an. Was für ein rießiges impossantes
Bauwerk, unglaublich! Habe ettlich Fotos gemacht und wieder meine große Canon vermisst. Ungeheurlich
der Gedanke, zu welcher Zeit diese Meisterleistung vollbracht wurde. Ein sehr, sehr beeindruckendes Gebäude.

Zeigte 5 des Weges suchenden amerikanischen Pilgersprösslingen den Pfad zur Pilgerunterkunft. Noch schnell
ein dunkles Brot gekauft und wieder zurück ins Refugio. Wollte um 14°°Uhr los, um heute noch irgendwo zum
Länderspielgipfel Deutschland - Italien einzukehren.

Ging wieder schnell voran und ehe ich mich versah war ich auch schon in "Hornillos del Camino", dort saßen ne
Menge Pilger im Freien vor dem Refugio und plauschten miteinander. Von Fußballbegeisterung war hier nix zu spüren;-(
Auch in der Bar gegenüber mit diesem leicht gereizten Wirt gabs kein TV. Sehr Christlich hier, also nix wie weiter.
Naja in 10km kam die nächste Station. Hier sah alles so leer und verlassen aus. Ich traute dem Frieden nicht und
nahm die vermutlich kürzere Strecke nach "Castellanos de Castro" um noch ne Möglichkeit mehr auszuschöpfen
das Spiel nicht zu verpassen. Leider absolute Fehlanzeige. Völlig totes Kaff. Geisterdorf! Man was soll das, ich will
unbedingt das Spiel sehen. Da kommt man schon in Rage und Verzweiflung, zumal ich auch in Burgos hätte bleiben
können um das Spiel dort zu sehen.

Nun waren es noch 2 lächerliche Kilometer nach Hontanas. Und ich hoffte bei allem was mir heilig war, dass die dort eine
Klotze hatten. Ich würde auch draußen pennen! Nochmal kurz zum pinkeln und ein Stück Freudenschokolade naschen
und weiter gehts. Auf einmal hielt ein Auto neben mir an und gab mir zu verstehen ich solle einsteigen.
Wie aus heiterem Himmel überkams mich und ich stieg ein. Was hatte mich nur geritten in ein "AUTO" zu steigen.
Es waren ja nur noch die 2Km nach Hontanas. Ok, jetzt bloß keine falsche Bescheidenheit. Und dann: der Alte fuhr
seinen Wagen und uns beide einfach an Hontanas vorbei. Ich deutete ihm ich wolle nach Hontanas und er sei schon zu
weit, aber er gab mir zu verstehen, dass dies schon ok sei so. Ich ließ es geschehen.

Nach 7Km hielt er an einer alten Kirchenruine und ließ mich dort raus, verabschiedete sich und fuhr davon. Der Ort
namens "San Anton" war ein sehr mystischer, geheimnisvoller Platz auf Erden. In mitten der Ruine befand sich ein
kleines Pilgerrefugio was von 2 supernetten Italienern geführt wurde. Lorenzo & Clara. Habe etwas gegessen mein
Platz eingenommen und mich sauwohl gefühlt.
Astrid aus Karlsruhe war der einzige Pilger an diesem Tag in San Anton. Erst dachte ich, sie sei dort der Hospitalero,
da sie in ein langes schwarzes Gewand gehüllt war und durch ihre Erscheinung den "Ich geb Euch eine Unterkunft"
Eindruck vermittelte. Dem war nicht so. Ein kleines scheues und etwas ängstliches Rehlein, aber ne sehr liebe Person.

Ich unterhielt mich mit Lorenzo, der mir sagte er müsse heute Abend unbedingt Fußball schauen. Ich zeigte sofort mein
Interesse daran und wunderte mich gleichzeitig wie es gehn soll, wenn hier kein TV zur Verfügung stand. John der Engländer
parkte draußen vor der Ruine seinem Caravan und nahm uns später mit ins nahegelegene Castrojeriz. Dieses Castrojeriz
kannte ich schon aus meinem Führer. Es stellte für mich auch einen bedeutenden Punkt auf dem Weg dar. Ein lustiger Typ
dieser John. Und schon wieder käme es mir zu Gute, ich wäre der englischen Sprache mächtiger.
In Castrojeriz ging ich mit Astrid in die Bar "La Tverna" ! Erstmal eine schönes Bierchen bestellt und Platz genommen.
Ne urige Kneipe.

Man stelle sich vor:
- man will unbedingt ein Fußballspiel sehen
- in 2 Dörfern gibt es keinen TV
- die Zeit läuft einem davon bis zum Anstoß des Spiels
- unwillkürlich wird man von einem Auto mitgenommen (was für eine Sünde auf dem Camino (für mich))
- der fährt auch noch am eigentlichen Ort vorbei
- lässt mich im schönen San Anton raus, was ich am nächsten Tag nur durchlaufen hätte
- ich treffe ausgerechnet auf 2 ital. Hospitaleros
- die wollen unbedingt auch Fußballendspiel Deutschland - Italien schauen
- mit der Zeit gehts sichs gerade so aus
- und man schafft es wirklich, in einer illustren Runde, dieses Spiel zu sehen
- Deutschland - Italien 0 : 2

----------------------------DAS IST DER CAMINO--------------------------------

Nach einem klasse Spiel verlor die Deutsche Mannschaft dann doch noch nach 118min mit 0:2.....schade!
Egal, ich war happy hier zu sein und in San Anton übernachten zu dürfen. Nach dem Spiel liefen wir ein wenig die Straße
Richtung San Anton bis uns Lorenzo einzeln mit dem Motorrad abholte.
Machte es mir in den vom Mondlichtdurchfluteten Gemäuern der Ruine mit einem Bierchen und nem Mars bequem.
Der Sternenhimmel hing über uns und es wird für mich ein unvergesslicher Moment bleiben.

Jacobus entscheidet auf diesem Weg oder ist es die Macht der Gedanken, die uns das erreichen lässt, was wir uns unbedingt
einbilden???

Ein ganz besonderer Tag!