Mein Jakobsweg 2006

02.07.2006 Ciruena - Belorado

59. Tag

Nach einem Frühstück, bestehend aus Pumpernickel und Kaffee, ging es 7°° los.
Noch ein gemeinsames Foto mit Jutta und auf zur nächsten Etappe.
Es waren 4Km bis Santo Domingo da la Calzada. Am Orteingang kam mir
eine älterer Pilger entgegen. Ziemlich heruntergekommen, nicht so einer mit
den BESTEN Sachen für den Weg ausgerüßteten Kleidern.
Wir grüßten einander und ich stellte fest, dass er ein Deutscher war.

Gustav Erhard Zeidler, gebürtig in Delitzsch bei Leipzig, Kampfschwimmer,
Landmaschinenschlosser, Notar und Anwalt - ca. 55 Jahre alt, ist im Februar
2004 in Bremen mit 150,-€ losgegangen und befindet sich jetzt auf dem Heimweg.
Er ist 3x den Camino Frances und den Küstenweg gelaufen, ohne Kohle.
Zwischendurch hatte er als Ernte- oder Pflückerhilfe gearbeitet, was für ihn jedoch
nicht sehr ertragreich war.
Er will ein Buch über seine Erlebnisse und den Sinn des Caminos schreiben.
Also Augen auf........!

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In Santo Domingo de la Calzada gibt es folgende Legende,
die in vielen Kirchen immer wieder dargestellt wird:

Eine Familie pilgerte im 14. Jahrhundert nach Santiago. In Santo Domingo versuchte
die Magd des Wirtshauses den Sohn Hugonell zu verführen. Dieser wies sie jedoch
zurück, worauf hin sie sich für die Zurückweisung rächte, in dem sie ihm einen Silberbecher
in sein Gepäck steckte und ihn am nächsten Morgen des Diebstahls bezichtigte.
Der junge Mann wird festgenommen und gehängt, doch bevor die Eltern die Reise
vortsetzten, vernahmen sie seine Stimme, er hänge am Galgen, lebe aber noch, da er
vom heiligen Jakobus noch an den Beinen gehalten wird ...
... die Eltern eilten sofort zum Richter, der im Wirtshaus gerade ein Huhn und einen
Hahn verspeiste. Auf die Erzählung der Eltern lachte dieser herzhaft mit der abfälligen
Bemerkung, ihr Sohn sei genauso lebendig wie die beiden Vögel auf seinem Teller.
Kaum gesagt, wächst denen neues Gefieder und sie fliegen davon - womit die Unschuld
des Sohnes bewiesen war.
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Ein Huhn und ein Hahn werden seit dem in der Kirche in diesem Stall gehalten.

Als ich mich der berühmten Cathedrale von Santo Domingo da la Calzada näherte,
hörte ich den Hahn kickerrickiehen! Als ich dann drinnen hoffnungsvoll auf seinen
Hahnenschrei lauerte, passierte nichts. Obwohl ich ewig drinnen blieb. So ein Schlingel
von Hahn. Jedoch hatte es der heilige Jacobus bis jetzt sehr gut mit mir gemeint und
ich nahms dem Hahn nicht übel das er nicht krähte.

Ich nahm einen lecker Cafe zu mir, unterhielt mich anschließend ausgelassen mit einem
deutschen Radpilger (Heiner Lörs), lernte den Oberstleutnant kennen den ich schon im
Refugio in Los Arcos gesehen hatte, fotografierte, hob Geld ab und machte mich alsbald
auf den Weg nach Granon.
Hier sitze ich nun in der Mittagshitze unter einem Coca Cola Schirm einer Bar und verfasse
diese Zeilen bei 2 1/8 eiskaltem Rose. Im Moment ist nix mit rasen. Schön gemach und den
Weg und die Stationen genießen.

Frankreich - Brasilien 1:0
Portugal - England Elfmeterschießen zu Gunsten für Portugal.
Diese Franzosen!

Genießen ist das eine, schwitzen in der Mittagssonne, weil man zu spät dran ist, das Andere.
Egal, es ging dann ziemlich staubig und heiß dahin. Auf den 12,5Km nach Belorado hätte ich
einiges für nur 1Minute Schatten gegeben. Nicht mal ne klitze kleine Wolke ließ sich beirren
und spendete mir für nur kurze Zeit Schatten. So schmorte ich dicht neben der N-120 auf dem
Camino dahin. Es war langweilig, staubig, verdammt heiß, Beine in Stützstrümpe gehüllt wegen
Aua und dann immmer die Trucks. Seit 2 Tagen ist ´s nicht so recht mit den Füßen
und Beinen. Dicke Waden und Beine. Ach war das ne nervige Strecke. Und kein Ziel in Sicht.
Nutzte die Gunst der Stunde um in dem Matthäus Evangelium zu blättern, zu lesen und zu
verstehen. Glaube ist wichtig für jedermann aber meine Welt ist es nicht.

In Belorado angekommen, überkam mich große Freude und Erleichterung. Ich hatte mich
heute regelrecht hierher geschleppt. Unterkunft war in einer großen Garage die mit Betten und
Waschmöglichkeit ausgestattet war. Völlig Ok für einen total erschöpften Pilger.
Genehmigte mir dann erstmal ein Bierchen um mich zum Leben zu erwecken. Später schaute
ich Formel 1 in einer Tapas Bar. Schumi hat gewonnen.

Am Abend bei Sonnenuntergang ging ich mit einem Schweizer Hospitalero hinter dem
Refugio rauf auf den Berg um die Aussicht zu genießen und um die Ruine zu sehen die
dort stand. War ne gute Entscheidung, spontan mit ihm mitgegangen zu sein.
Ein wunderschöner Ausblick von dort oben.
Die Störche saßen auf den Glockentürmen und bildeten im Schein der untergehenden
Sonne schwarze Silhouetten. Die deutsche Familie vom Deutschland - Argentinien Spiel
und die beiden Schweizer Stefan & Basil waren auch da.
Ohne Rucksack müsste man unterwegs sein, es ist unglaublich wie leicht und unbeschwert
es sich gehen lässt ohne das Gewicht auf
dem Buckel.

An das "San Miguel" könnte ich mich literweise gewöhnen. Um 10Uhr lag ich in der Falle.
Heiner Lörs sah ich auch in einem Restaurant sitzen.

Morgen will und muss ich noch vor 6°° aufbrechen denn die kühlen Morgenstunden sind
zu kostbar um sie nicht zu nutzen.